Es ist ein Genuss, die «Davidsbündlertänze» Op. 6 von Schumann in einer solchen
Lebendigkeit und Frische zu hören.
«Piano News», September 2022
Auf den Spuren der Davidsbündler
Eine neue CD mit dem Pianisten Ernst Breidenbach
Der Pianist Ernst Breidenbach, der seit 1980 an der Darmstädter Akademie für Tonkunst unterrichtet, hat eine neue Solo-CD vorgelegt, mit der er eine Brücke von der Romantik zur Moderne schlägt. Ausgangspunkt sind die Davidsbündlertänze op. 6 von Robert Schumann, eines der persönlichsten Werke des Komponisten, das mit einem Motto für die geliebte Clara Wieck beginnt, und insgesamt für den Bund der «Davidsbündler» steht, der eigentlich nur im Kopf seines Erfinders Schumann existierte. Der Komponist versetzt sich bei diesem Maskenspiel in die Figuren von Florestan und Eusebius, die den Kontrast zwischen feuriger Leidenschaft und sanfter Hingabe verkörpern. Und genau hier setzt der Pianist in seiner 2015 entstandenen Aufnahme an, bei der er die Gegensätze mit variablem und klug dosiertem Anschlag ausarbeitet und zugleich die dichte Folge der achtzehn Stücke als zusammenhängende Einheit erscheinen lässt.
Der 1973 geborene Komponist Marko Zdralek, der ebenfalls an der Akademie für Tonkunst in Darmstadt lehrt, knüpft bei Schumann an, wenn er sein Klavierstück aus dem Jahr 2003 mit dem Titel «Auch ich ein Davidsbündler» versieht. Wer genau hinhört, kann versteckte Schumann-Zitate erkennen, aber vor allem lebt hier der alte Kontrast zwischen Dramatik und Lyrik wieder auf. Ernst Breidenbach hat ein feines Gespür für die sehr moderne Tonsprache Zdraleks, die gleichfalls von starken Tempo- und Lautstärke-Kontrasten geprägt ist. So entsteht bei der für den Sender Bayern-Klassik entstandenen Aufnahme ein farbiges Bild des viertelstündigen Werks.
Eine Vermittlerrolle in Breidenbachs Programm spielt gleichsam die mächtige b-Moll-Klaviersonate des 1858 jung verstorbenen Komponisten Julius Reubke, der sich die h-Moll-Sonate seines Mentors Franz Liszt zum Vorbild nahm und deren spieltechnische Anforderungen noch zu übertrumpfen suchte. Breidenbach meistert das aus wenigen Motiven heraus aufgebaute, geradezu aufgetürmte Werk, das aus einem einzigen Riesensatz besteht, mit brillantem Anschlag und nicht nachlassender Spannkraft. Auch hier gelingt es ihm, die Weite der Ausdrucksformen unter einen großen Bogen zu bringen. Die neue, hoch interessante CD ist unter dem Titel «Auch ich ein Davidsbündler» bei dem Label «dreyer gaido» erschienen.